SELK, Frauenordination und der ILC

Auf internationaler Ebene wird die derzeitige Entwicklung der Diskussionen innerhalb der SELK zur Frage der Ordination von Frauen durchaus mit Sorge betrachtet. So hat der Vorsitzende des Internationalen Lutherischen Rates (ILC), Dr. Juhana Pohjola, mit Datum vom 27. November 2023 ein Schreiben an die Kirchenleitung und an das Kollegium der Superintendenten der Selbständigen Evangelisch-Lutherische Kirche, z. Hd. Bischof Hansjörg Voigt D. D., verfasst, in welchem zum Ausdruck gebracht wird, dass die Führung des lnternationalen Lutherischen Rates grundsätzlich davon überzeugt ist, dass die Ordination von Frauen zum geistlichen Amt dem Neuen Testament widerspricht und dass mit Kummer und Sorge betrachtet wird, dass die bisherige langjährige theologische Positionierung der SELK jetzt in Frage gestellt wird.

Dieser Brief lautet wie folgt:

Text des Briefes (deutsche Fassung):

Betr.: Theologische Herausforderungen in der SELK

Im Namen Jesu Christi geehrte Schwestern und Brüder!

Das Direktorium des Internationalen Lutherischen Rates (ILC) traf sich am 14. Oktober in der Lutherstadt Wittenberg. Die Beratungen befassten sich u. a. mit der Dissonanz innerhalb der SELK in Bezug auf die Ordination von Frauen zum geistlichen Amt der Kirche. Etlichen Mitgliedern des Direktoriums ist bewußt, daß diese Uneinigkeit anscheinend zunimmt, da die Befürworter der Frauenordination ihre Stimmen vermehrt dahingehend erheben, Ihre Kirche von der bisherigen Stellung in dieser Frage abzurücken. Diese Stellung ist jedoch gegründet in der Heiligen Schrift und ist seit der Gründung 1972 in der Grundordnung der SELK klar bezeugt.

Die Führung des Internationalen Lutherischen Rates ist grundsätzlich davon überzeugt, daß die Ordination von Frauen zum geistlichen Amt dem Neuen Testament widerspricht. Wir sind dankbar dafür, daß die Bischöfe der SELK diese Stellung konsequent vertreten haben durch Jahre hindurch, sowohl in der Leitung einer Mitgliedskirche wie auch in Führungsposten des ILC. Aus diesem Grunde lassen wir Sie unsern Kummer und unsere Sorge wissen, daß diese langjährige theologische Positionierung der SELK jetzt in Frage gestellt wird.

Ihnen sind vermutlich die Schwierigkeiten bekannt, die in den ILC affiliierten Kirchen in Japan und Australien aufgetreten sind. Als ILC betrachten wir diese als Abkehr von der historischen Lehre und Praxis der christlichen Kirche in dieser Frage; sie sind kirchentrennend, bis dahin, daß sie die volle Mitgliedschaft im ILC in Frage stellen. Die Vorstellung, dass die SELK aus der Mitgliedschaft im ILC und aus der eucharistischen Gemeinschaft mit einer Anzahl von unseren Kirchen entlassen werden könnte, das ist ein schmerzlicher Gedanke. Wegen dieser Entwicklungen in Ihrer Kirche möchten wir Ihnen unsere Bedenken mitteilen.

In vergangenen Jahren haben verschiedentlich Mitgliedskirchen des ILC – einschließlich Vorgängerkirchen der SELK – anderen Mitgliedskirchen beigestanden und sie unterstützt. Theologen des Seminars in Oberursel z. B. gehörten zu denen, die 1959 der Lutherischen Kirche – Missouri Synode beigestanden haben, als es um die Frage der Autorität der Heiligen Schrift ging und um die Bibelkritik. Aufgrund des Wortes Gottes (siehe Gal. 6,2) wie auch aus Liebe für Sie und Ihre Kirche betrachten wir es als unsere Pflicht, alles zu tun, was dazu beiträgt, die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens zu erhalten, sowohl innerhalb der SELK wie auch in den internationalen Beziehungen des ILC.

Gern sind wir bereit, uns mit Ihnen darüber auszutauschen, wie wir, nach Ihrer Einschätzung, Ihnen helfen können. Seien Sie weiterhin versichert, daß wir Sie und die Kirche, zu deren Leitung Sie berufen sind, in unsern Gebeten mittragen. Der Gott des Friedens sei mit Ihnen!

In Christus Jesus, unserm Herrn!

Bischof Juhana Pohjola,
Vorsitzender Internationaler Lutherischer Rat

Text des Briefes (englische Fassung):

Re: Theological Challenges in the SELK

Dear sisters and brothers in Christ Jesus:

The ILC Board of Directors, meeting in Wittenberg on October 14, discussed – among other matters – the current discord within the SELK relating to the ordination of women to the pastoral office. Various members of the Board are aware that dissention is growing as proponents of women ‘s ordination become more vocal in seeking to move your church away from its position on this question, which is rooted in Holy Scripture, and has been reflected in the SELK constitution since its founding in 1972.

The ILC leadership remains firmly committed to the conviction that the ordination of women to the pastoral office is inconsistent with New Testament teaching. We are grateful that bishops of the SELK have consistently confessed this throughout their years as the head of an ILC member church, as well as in senior ILC leadership capacities. It is for that reason we herewith share our sorrow and concern that this long-held theological position of the SELK is now a matter of dispute.

From recent difficulties on these matters in ILC- affiliated churches in Japan and Australia, you may be aware that the ILC considers departure from historic teaching and practice of the Christian church on this question to be disruptive, even to the point of disqualifying a church body from full membership in the Council. The prospect of the SELK being dismissed from ILC membership and its Eucharistic fellowship terminated with a number of our member churches is painful to contemplate. This is why we cannot take note of these developments in your church without communicating our profound concern.

In times past representatives of ILC member churches – including from predecessor churches of the SELK – sought to help other members. Oberursel seminary theologians, for example, were among those who came in 1959 to support The Lutheran Church-Missouri Synod in its difficulties at that time involving Biblical authority and higher criticism. We feel duty-bound by the Word of God (Galatians 6:2), as well as by our love for you and your church, to do whatever we can to help you maintain the unity of the Spirit through the bond of peace, both in the SELK, and within the international relationships of our Council.

We would be glad to discuss with you any ways in which we, in your judgment, might be of assistance. In the meantime, please know that we hold in our prayers both you and the church you seek to serve.

The God of peace be with you.

Juhana Pohjola, Bishop
Chairman International Lutheran Council

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