Die Vollmacht zur Sündenvergebung – Lektion 23

Peter Weidemann © Pfarrbriefservice.de

Reue über die Sünde – Glauben an die Vergebung – Besserung des Lebens – Jesu Sühnopfer bewirkt die Sündenvergebung – Aus Liebe zu Christus sollen wir unsere Sünden bekennen – Die öffentliche Beichte im Gottesdienst

aus:
Was Christen glauben – Grundkurs des christlichen Glaubens

Herausgegeben von der Evangelisch – Lutherischen Freikirche (ELFK)

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Lektion 23 – Die Vollmacht zur Sündenvergebung

1. Das Schlüsselamt
Jesus Christus hat der Kirche die Vollmacht gegeben, in seinem Namen Sünden zu vergeben. Man nennt diesen Dienst das „Amt der Schlüssel”. In Martin Luthers Kleinem Katechismus heißt es dazu:

„Das Amt der Schlüssel ist die besondere Vollmacht, die Christus seiner Kirche auf Erden gegeben hat, den buẞfertigen Sündem die Sünde zu vergeben, den unbußfertigen Sündern aber die Sünde zu behalten, solange sie nicht Buße tun.

Die Kirche übt diese Vollmacht aus, indem sie das Evangelium predigt und die Sakramente nach Christi Einsetzung verwaltet. Das Bild von den Schlüsseln stammt aus dem Matthäusevangelium (Kapitel 16 Vers 19). Da sagt Jesus zu Petrus: ,,Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben.” Das ist bildlich geredet. Wie ein Schlüssel dazu dient, eine Tür auf- oder zuzuschließen. So steht einem Menschen der Himmel entweder offen oder ist versperrt, je nachdem, ob ihm die Sünden vergeben sind oder nicht.

Der Herr sagt an der Matthäusstelle weiter: ,,Alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.” Wenn Petrus also zu jemandem sagte: „Dir sind deine Sünden vergeben“, dann soll das eben so gültig und gewiss sein, als wenn der Herr Christus selbst zu dem Betreffenden gesprochen hätte.

Dasselbe gilt umgekehrt auch für das Behalten von Sünden. Denn Jesus sagt zu Petrus: ,,Alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein.” Beides, Lossprechen und Behalten von Sünden, geschieht durch die Predigt des Evangeliums und die Verwaltung der Sakramente (Taufe und Abendmahl).

2. Wem hat Jesus diese Vollmacht gegeben?

Wenn wir das alles im Matthäusevangelium lesen, stellt sich die Frage: Hat der Herr diese Vollmacht nur Petrus gegeben? Dass dies nicht der Fall ist, zeigte sich am Morgen nach Jesu Auferstehung. Da erschien er den versammelten Jüngern und sagte zu ihnen allen: „Nehmt hin den Heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten” (Joh. 20,22f.).

Und diese Vollmacht blieb nicht nur auf die ersten Jünger beschränkt. Christus gab sie durch die Apostel an seine Kirche weiter, d. h. christlichen Gemeinden. Das geht klar aus Matthäusevangelium (Kapitel 18 Vers 16f.) hervor. Da spricht Christus davon, wie wir mit einem unbußfertigen Sünder umgehen sollen. Zunächst ist er unter vier Augen zu ermahnen. Erst dann gehört die Sache vor die Gemeinde: ,,Hört er nicht auf dich, so nimm noch einen oder zwei zu dir, damit jede Sache durch den Mund von zwei oder drei Zeugen bestätigt werde. Hört er auf die nicht, so sage es der Gemeinde. Hört er auch auf die Gemeinde nicht, so sei er für dich wie ein Heide und Zöllner.” Alles, was hier unternommen werden soll, hat das Ziel, den Unbußfertigen von seiner Sünde zu überzeugen und ihn von seinem gefährlichen Weg abzubringen. Wenn er aber in seiner Unbußfertigkeit beharrt, dann muss ihm gesagt werden, dass er kein Christ mehr ist und sich auf dem Weg in die Hölle befindet.

Der Herr will, dass seine Kirche so an seiner Stelle handelt, denn in dem folgenden Vers wiederholt der Herr Jesus: „Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.”

3. Wem sollen die Sünden vergeben werden und wem nicht?

Wenden wir uns nun der wichtigen Frage zu: Wem sollen die Sünden behalten und wem sollen sie erlassen werden? Da geht es darum, ob einer seine Sünde bereut und buẞfertig (= zur Umkehr bereit) ist. Ist er das nicht, dann muss ihm gesagt werden: „Wir können dich nicht als christlichen Bruder anerkennen, solange du nicht zur Umkehr bereit bist.”

Um das Schlüsselamt nach Gottes Willen zu verwalten, müssen wir zunächst einmal wissen, was aufrichtige Bußfertigkeit ist. Dazu gehören:

1. Reue, Trauer und Schmerz über die begangene Sünde und Furcht vor Gottes Zorn. Aber dabei darf es nicht bleiben.

2. Glauben und Vertrauen müssen hinzukommen: Vertrauen auf die Liebe Gottes in Jesus Christus, der als Lamm Gottes die Sünden der Welt am Kreuz gesühnt hat. Wir dürfen nicht denken, dass wir durch unsere Bemühungen und guten Werke Gott gnädig stimmen könnten. Auch nicht durch eine falsche Reue. Das zeigt das Beispiel von Jesu Jünger Judas. Seine falsche Reue ließ ihn in der Verzweiflung Gott ganz aus den Augen verlieren und auf die Einflüsterungen des Teufels hören (vgl. Matth. 27, 3-5).

3. Wenn die Buẞfertigkeit aufrichtig ist, wird auch der Wunsch vorhanden sein, von der Sünde zu lassen und mit Hilfe des Heiligen Geistes gegen sie anzukämpfen.

Ein Beispiel aus dem Alltag:

In der Firma merkt man, dass ein Arbeitskollege Material mitgehen lässt. Die Liebe zu ihm erfordert, dass man ihm seinen Diebstahl unter vier Augen vorhält und ihm zeigt, dass dies eine Sünde gegen Gottes Gebot ist. Wenn er nicht damit aufhört, musst du ihn weiter warnen und darauf hinweisen, dass es deine Pflicht ist, diese Diebstähle zu melden.

In diesem Fall war der Schuldige selbst kein Christ. Aber auch ein Christ kann eine solche Sünde begehen. Da sollte deine Liebe zu ihm umso eher eingreifen. In beiden Fällen darfst du dem Schuldigen, wenn bei ihm Reue vorhanden ist, die Vergebung Gottes zusichern. Für diese hat dein Heiland gesorgt. Wenn aber jede Reue und Ein- sicht fehlt, musst du ihm sagen, dass er sich auf einem bösen Weg befindet. Unvergebene Sünde erregt Gottes Zorn, und hartnäckiges Beharren darin führt schließlich in die Hölle.

Wenn es schon unsere Pflicht ist, einen Menschen vor leiblichem Schaden zu bewahren, wie viel wichtiger ist es, Schaden von seiner Seele abzuwenden! Wie Nichtchristen darüber urteilen, wenn einem Bußfertigen die Sündenvergebung verkündigt wird oder einem Unbußfertigen die Sünde behalten wird, tut nichts zur Sache.

Wenn jemand seine Sünde uneingeschränkt zugibt und sie nicht beschönigt, das nennt man eine „Beichte”. Beichten heißt eigentlich ein Sich-schuldig-bekennen. Dieses Bekennen der Sünde ist als Erstes nötig. Darauf lässt Gott als Zweites die gnädige Zusage der Vergebung folgen. Diese nennt man auch die „Absolution”, das heißt “Lossprechung von der Sündenschuld”.

Ein Beispiel aus der Bibel:

Im 2. Buch Samuel (Kapitel 12 Vers 13) wird uns ein Beispiel für eine Beichte und Lossprechung von der Sünde geschildert. Der König David hatte doppelt gesündigt. Zunächst beging er mit Bathseba Ehebruch. Dann stiftete er sogar zum Mord an, um die aus dem Ehebruch entstandene Schwangerschaft zu vertuschen. Gott wartete eine Weile, in der Davids Gewissen nicht zur Ruhe kam. Dann schickte Gott den Propheten Nathan zum König. Der hielt ihm die Sünde anhand einer Gleichnisgeschichte vor. Das war gewiss nicht leicht für Nathan. Aber Gott schenkte ihm Erfolg: ,,Da sprach David zu Nathan: Ich habe gesündigt gegen den Herrn.” An diesen Worten wird deutlich, dass wir auch da, wo wir zunächst an einem Mitmenschen schuldig werden, doch zugleich den heiligen Gott durch unsere Sünde beleidigen.

Nathan dufte David auf sein Sündenbekenntnis die Absolution zusprechen. „Nathan sprach zu David: So hat auch der Herr deine Sünde weggenommen.” – Wer hätte sie sonst wegnehmen können? Nicht unser Bekenntnis bewirkt die Sündenvergebung, sondern das Sühnopfer, das Christus für die Sünde der Welt gebracht hat. Am Kreuz wurde das Werk vollbracht, zu dem Gott seinen Sohn in die Welt sandte.

Wenn sich jemand weigert, seine Sünde vor Gott zu bekennen, dann beweist das seinen Unglauben. Dann glaubt er entweder nicht, dass Gott seinen Sohn in die Welt gesandt hat, um die Menschen von ihrer Sünde zu erlösen. Oder er ist nicht bereit, diese Sühne für seine eigene Sünde anzunehmen. Dann steckt dieser Mensch noch in seinen Sünden. Wenn wir einem Menschen weh getan haben, den wir lieben, dann werden wir ihm gern sagen, dass es uns leidtut. So sollen wir auch nicht aus Zwang, sondern aus Liebe zu Jesus Christus, der uns erlöst hat, unsere Sünden gern bekennen.

In den Sonntagsgottesdiensten sprechen wir oft ein allgemeines Sündenbekenntnis und bekommen dann vom Pfarrer die Absolution zugesprochen. Dieses Sündenbekenntnis lautet:

Allmächtiger Gott, barmherziger Vater, ich armer, elender, sündiger Mensch bekenne dir alle meine Sünde und Missetat, womit ich dich jemals erzürnt und deine Strafe zeitlich und ewig wohl verdient habe. Sie sind mir aber alle herzlich leid und reuen mich sehr, und ich bitte dich durch deine grundlose Barmherzigkeit und durch das unschuldige, bittere Leiden und Sterben deines lieben Sohnes Jesus Christus, du wollest mir armen sündhaften Menschen gnädig und barmherzig sein, mir alle meine Sünden vergeben und mir zu meiner Besserung deines Heiligen Geistes Kraft verleihen. Amen.”

Im Anschluss an dieses Sündenbekenntnis sagt der Pfarrer:

Auf dies euer Bekenntnis verkündige ich euch allen, die ihr eure Sünden herzlich bereut, an Jesus Christus glaubt und den guten, ernsten Vorsatz habt, durch den Beistand Gottes des Heiligen Geistes euer sündliches Leben fortan zu bessern, kraft meines Amtes als ein berufener und verordneter20 Diener des Wortes, die Gnade Gottes und vergebe euch, an Statt und auf Befehl meines Herm Jesus Christus, alle eure Sünden – im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.”

Vor Gott sollen wir uns aller Sünden schuldig bekennen. Oft merken wir gar nicht, dass wir gesündigt haben. Schon David klagt im 19. Psalm (V.ers 13): ,,Wer kann merken, wie oft er sich verfehlt? Verzeihe mir die verborgenen Sünden!”

Wenn wir gegen einen Mitmenschen gesündigt haben, sollen wir in christlicher Demut zu ihm gehen und um Verzeihung bitten. Jakobus ermahnt uns in seinem Brief (Kapitel 5 Vers 16): ,,Bekennt also einander eure Sünden und betet füreinander.” Wenn wir wirklich buẞfertig sind, wird unser Mitchrist bereit sein, uns zu vergeben. Denn auch er betet ja im Vaterunser: ,,Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

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20 D. h. ordnungsgemäß berufen (gewählt) zum öffentlichen Predigtamt

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