Der Trinitatiskreis
Am Trinitatisfest wird die Göttliche Dreieinigkeit gefeiert:
Gott Vater als der Schöpfer der Welt, Gott Sohn als der Erlöser, Gott Heiliger Geist als der Tröster, Beistand und Ermahner.
Dennoch bleibt die Dreieinigkeit Gottes ein Geheimnis. Man kann Gott und seiner Heiligkeit nur in Ehrfurcht und mit Anbetung nahen.
Die folgende Trinitatiszeit ist die lange Reihe der ,,Sonntage nach Trinitatis”, die sogenannte ,,festlose” Zeit.
In der ersten, festreichen Hälfte des Kirchenjahres ging es darum, den Glauben an den Dreieinigen Gott einzuüben. In der Trinitatiszeit ist dieser Glaube in den Höhen und Tiefen, in den Wechselfallen des Lebens, zu bewahren und zu bewähren, Themen, Stichworte, Motive kehren wieder und eröffnen neue Perspektiven. Dabei kommt dem sechsten, siebten und zehnten Sonntag nach Trinitatis besondere Bedeutung zu, hier geht es um das Wesen des Glaubens.
Am sechsten Sonntag nach Trinitatis steht die Taufe als das Fundament des Christenlebens im Zentrum.
Gott nimmt den Täufling im ,,Bad der Wiedergeburt” aus Wasser und Heiligem Geist zu seinem Kind an und schenkt ihm die Gotteskindschaft. Diese geschenkte Gemeinschaft wird einst vollendet werden in der Begegnung mit Gott in seinem ewigen Reich. Das heiBt: In der Heiligen Taufe bekommt der Mensch bereits den Himmel, das ewige Leben geschenkt.
Bis dahin lebt der Getaufte sein Leben aus der Kraft der Taufe: Im Glauben geleitet durch den Heiligen Geist, in der Nachfolge Christi, im Gehorsam gegeniiber dem Willen Gottes, mit Gebet, Lob und Dank.
Das klingt leichter als es ist: Die Gemeinschaft, die der Dreieinige Gott schenkt, bleibt bestehen. Der Mensch aber verlässt durch Sunde und Gleichgiiltigkeit die Gemeinschaft mit Gott.
Dieser sechste Sonntag nach Trinitatis thematisiert zweierlei: Zurn einen die bleibende Gemeinschaft, die der Dreieinige Gott mit sich schenkt, und andererseits, dass er diejenigen wieder aufnimmt, die diese Verbindung verlassen haben, aber umkehren wollen.
Das Fundament der Taufe, die Gewissheit, dass Gott seine Gläubigen nicht verlässt, ist schlieBlich der einzige verlässliche Trost in Lebenskrisen, in Anfechtung und erst recht auf dem Kranken- und Sterbebett.
Damit dieser Trost nicht nur Theorie bleibt, sondern auch sinnfällig erlebbar wird, ist der siebte Sonntag nachTrinitatis dem Heiligen Abendmahl gewidmet.
Im Heiligen Abendmahl kommt Christus in, mit und unter Brot und Wein wirklich und wahrhaftig zu jedem einzelnen Getauften (Realprasenz). Bei der Einsetzung des Heiligen Abendmahls am Tag seiner Gefangennahme sprach Jesus: ,,Das ist mein Leib. Das ist mein Blut.” Damals wie heute schenkt er bleibende Gemeinschaft mit sich, wenn die Gemeinde das Heilige Abendmahl empfängt.
Auf diese Weise, unter Brot und Wein, nimmt Jesus Christus leibhaftig Wohnung in jedem einzelnen Christen; der Getaufte ist nicht mehr allein.
So ist das Heilige Abendmahl dreierlei:
- Kraftquelle und Wegzehrung durch diese Welt,
- Gemeinschaft in und mit Christus schon in diesem Leben,
- Vorgeschmack auf Gottes groBes Freudenmahl in seinem Reich.
Darum kann das Heilige Abendmahl nicht oft genug gefeiert werden.
Am zehnten Sonntag nach Trinitatis denkt die Kirche in besonderer Weise an Israel, das ,,auserwählte Volk Gottes”. Von Abraham her sind ihm die groBen Verheißungen Gottes zuteil geworden, vor allem das Kommen des Erlösers. Aus diesem Volk stammt Jesus, der von Maria in Bethlehem geboren wurde und in dem sich die Verheißungen Gottes erfüllt haben. Diese Geschichte und Verheißung verbindet die Christen mit den Juden, auch wenn diese Jesus nicht als den verheißenen Erlöser anerkennen.
Der Auftrag Jesu Christi an seine Jünger verpflichtet uns zum Bezeugen des Evangeliums auch gegenüber den Juden.
Die überaus leidvolle Geschichte des jüdischen Volkes und das Verhalten der Christen ihnen gegenüber mit Ausgrenzung und Verfolgung zwingen uns zur Buße.
Kalendarisch festgelegte Gedenktage, zum Beispiel der Apostel oder Evangelisten, stellen uns diese Menschen als Glaubensbeispiele und Wegbegleiter an die Seite. Das Reformationsfest ist Gedenktag für einen besonderen Wegbegleiter: Martin Luther stellte sich damals in Verzweiflung und Anfechtung die Frage: ,,Wie bekomme ich einen gnädigen Gott?” – Oder, etwas volkstümlich formuliert: ,,Was muss ich tun, damit Gott mich in den Himmel lässt?” Die Antwort: lch kann gar nichts tun!
Allein durch Christus, allein durch das Wort Gottes, allein durch den Glauben an den Dreieinigen Gott werde ich gerettet zum ewigen Leben.
Damit ist die Tür zum Ende des Kirchenjahres aufgestoßen: Es gleicht dem Ende des Lebens und dem Ende der Welt. Die Sonn- und Festtage dieser Zeit geben Gelegenheit innezuhalten und eine persönliche Lebensbilanz zu ziehen, auch eine Glaubensbilanz. Das Ende des Lebens, das Sterben, der Tod und das ,,Danach” rufen zur Besinnung: ,,Was wird Gott zu mir sagen, wenn ich vor seinem Richterstuhl erscheine?”
Im tristen, trostlosen November erscheint die Lebenszeit ebenso trüb. Keine bessere Gelegenheit, um über Gott und die Welt nachzudenken! Hier bietet sich die Gelegenheit, Leben und Glauben kritisch zu priifen, zu korrigieren oder auch einen Neuanfang zu wagen bzw. sich von Gott schenken zu lassen.
,,Die Welt und das Leben sind vergänglich.” – ,,Der Weg eines Christen hat ein Ziel.” Dies wird an den letzten Sonntagen des Kirchenjahres entfaltet. Die Wiederkunft des Herrn zum Gericht wird mit Schrecken verbunden sein. Jesus selbst spricht von Heulen und Zahneklappern, und diese Schrecken werden auch den Christen nicht erspart werden. Allerdings: Für sie ist der Jüngste Tag ein Tag des Heils. Der Glaube an die Rettung aus dem Gericht macht sie stark, ihrem Herrn entgegen zu gehen. Er geleitet sie hindurch, durch diese Schrecken, durch das Gericht.
Sündenerkenntnis und Gottesbekenntnis schenkt Gott immer wieder neu. Der Buß- und Bettag ruft zu Umkehr und zum Empfang der Vergebung. Für die Buße ist es nie zu spät. Selbst auf dem Sterbebett öffnet Gott Menschen den Himmel: dem verirrten und wiedergefundenen Getauften oder aber auch dem, der auf dem Sterbebett die Taufe begehrt und empfängt.
So können Menschen getrostet den Ewigkeitssonntag feiern – und auch getrostet dem eigenen Sterben entgegen sehen. Der Glaube hat getragen, der Glaubende ist vollendet im ewigen Leben mit Gott. Darum reden Christen nicht vom Toten-, sondern vom Ewigkeitssonntag.
In Psalm 90 heißt es: ,,Herr, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden.” Klug werden heißt, am Ende des Kirchenjahres oder auch am Ende des Lebens, dem wiederkommenden Herrn entgegen zu gehen. Getröstet und demütig kann die Gemeinde, kann der Getaufte im Advent frohlich sein, die Geburt Jesu an Weihnachten feiern und die Wiederkunft Christi am Jüngsten Tag erwarten. Christus wird die Seinen mit groBer Freude in seinem himmlischen Reich empfangen.
aus:
DAS KIRCHENJAHR FEIERN – DIE FESTKREISE
herausgegeben vom Amt für Gemeindedienst der Selbständigen Evangelisch – Lutherischen Kirche