Die zweite Tafel des Gesetzes (2. Teil) – Lektion 11

Doris und Michael Will © Pfarrbriefservice.de

Gottes Forderungen an die Menschen.
7. Gebot – Mit ehrlicher Arbeit sollen wir unseren Lebensunterhalt verdienen – 8. Gebot – Den Mitmenschen aufrichtig begegnen – 9. Gebot – Nichts von anderen begehren, sondern es Ihnen gönnen – 10. Gebot – Absicht der Gebote – Regel, Riegel, Spiegel

aus:
Was Christen glauben – Grundkurs des christlichen Glaubens

Herausgegeben von der Evangelisch – Lutherischen Freikirche (ELFK)

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Lektion 11 – Die zweite Tafel des Gesetzes (Teil 2)

Zweiter Teil: Siebtes bis zehntes Gebot

Wenden wir uns nun den restlichen Geboten der zweiten Tafel zu. Auch in ihnen geht es um unser Verhältnis zum Mitmenschen.

Siebtes Gebot.

„Du sollst nicht stehlen.“

Für das Verständnis dieses Gebotes ist es wichtig zu wissen, dass nach der Lehre der Bibel die ganze Welt Gottes Eigentum ist. Ps. 24, 1 sagt: „Die Erde ist des Herrn und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen.“ Alles gehört Gott. Bedenken wir das, dann wird uns bewusst, dass es beim Stehlen nicht nur darum geht, einem Menschen etwas wegzunehmen, sondern dass man sich dabei gleichzeitig an Gottes Eigentum vergreift. Wir Sünder verstoßen leider oft gegen dieses Gebot Gottes.

Ganz offensichtlich geschieht das etwa bei einem Bankraub, aber auch, wenn wir beispielsweise einem Freund das geliehene Buch nicht zurückgeben. Gegen das siebte Gebot verstoße ich aber auch, wenn ich einem anderen ein Auto verkaufte, das versteckte Schäden aufweist, ohne ihn darüber zu informieren. Im 3. Buch Mose (Kapitel 19 Vers 11) steht: ,,Ihr sollt nicht stehlen noch lügen noch betrügerisch handeln einer mit dem andern.“ Und in Jer. 22, 13 heißt es: „Weh dem, der sein Haus mit Sünden baut und seine Gemächer mit Unrecht, der seinen Nächsten umsonst arbeiten lässt und gibt ihm seinen Lohn nicht.“ So etwas tun nicht nur die großen Rauschgifthändler, die auf Kosten Suchtabhängiger ein schönes Leben führen, sondern auch Arbeitgeber, die Schwarzarbeiter beschäftigen oder ihre Arbeiter unter Wert bezahlen.

Im 2.Thessalonicherbrief (Kapitel 3 Vers 10) lesen wir: „Wer nicht arbeiten will, der soll auch nicht essen.“ Hier geht es nicht um Arbeitslose, die gern arbeiten möchten, sondern um gesunde Menschen, die sich vor der Arbeit drücken und sich von anderen unterstützen lassen oder das Sozialamt betrügen. Man hat gesagt, es gebe nur drei Arten, auf ehrliche Weise zu Geld und Eigentum zu kommen:

1. durch ein Geschenk oder eine Erbschaft;

2. wenn man etwas Wertvolles findet und der Besitzer nicht ermittelt werden kann;

3. wenn man es durch ehrliche Arbeit verdient.

Alle anderen Arten, zu Eigentum zu gelangen, müssen als Diebstahl oder Betrug bezeichnet werden. Kommen wir noch einmal auf den 24. Psalm zurück. Wenn Gott sagt, dass ihm die ganze Erde gehört, dann will er uns bewusst machen, dass wir nur Verwalter sind für das, was er uns an Eigentum zur Verfügung stellt. Wir nennen unser Eigentum, was uns eigentlich nicht gehört und wofür wir Gott Rechenschaft schuldig sind. Im Epheserbrief (Kapitel 4 Vers 28) heißt es: ,,Wer gestohlen hat, der stehle nicht mehr, sondern arbeite und schaffe mit eigenen Händen das nötige Gut, damit er dem Bedürftigen abgeben kann.“ Das bedeutet: Wenn wir für unsere Familie gesorgt haben, sollen wir auch anderen helfen, die in Not sind.

Jesus sagt im Lukasevangelium (Kapitel 10 Vers 7): „Ein Arbeiter ist seines Lohnes wert.“ Er setzt damit voraus, dass der Arbeiter auch ehrliche und gute Arbeit leistet. Es ist deshalb nicht in Ordnung, wenn ich etwa bei meiner Steuererklärung meine Leistungen oder Belastungen größer mache, als sie wirklich sind. Auf diese Weise bereichere ich mich auf Kosten anderer.

Luther erklärt zum siebten Gebot: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unsers Nächsten Geld oder Gut nicht nehmen, noch mit falscher Ware oder Handel an uns bringen, sondern ihm sein Gut und Nahrung bessern und behüten helfen.

Achtes Gebot.

,,Du sollst nicht falsches Zeugnis reden gegen deinen Nächsten.“

Gegen dieses Gebot wird sehr häufig verstoßen. Was alles dazu gehört, zeigt Luthers Erklärung: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unsern Nächsten nicht aus Falschheit belügen, verraten, verleumden oder hinter seinem Rücken reden, sondern sollen ihn entschuldigen, Gutes von ihm reden und alles zum Besten kehren.“

„Wir sollen Gott fürchten und lieben,“ mit dieser Einleitung beginnt Luther bei allen Geboten seine Erklärung (außer beim ersten Gebot). Er zeigt uns damit, dass nur aus dem Glauben und dem Vertrauen auf Gott solche gottgefälligen Taten entstehen können, die in den Geboten von uns gefordert werden. Im achten Gebot geht es nicht nur um falsche Zeugenaussagen vor Gericht. Gegen dieses Gebot kann man sündigen, ohne dafür gerichtlich belangt zu werden. Das heißt aber nicht, dass es unbemerkt bleibt. Gott merkt, was wir tun und sagen. Er sagt in Spr. 19, 5: ,,Ein falscher Zeuge bleibt nicht ungestraft; und wer frech Lügen redet, wird nicht entrinnen.“ Und der Jakobusbrief (Kapitel 4 Vers 11) warnt uns: „Verleumdet einander nicht, liebe Brüder.“ Gott verbietet nicht nur üble Nachrede. Vor ihm sind auch unsere Gedanken nicht frei. Er möchte, dass wir das Tun unserer Mitmenschen entschuldigen und zu ihrem Besten auslegen. Er sagt durch den Propheten Sacharja (Kapitel 7 Vers 10): ,,Denke keiner gegen seinen Bruder etwas Arges in seinem Herzen!“

Die beiden folgenden Gebote klingen sehr ähnlich. Beide reden vom Begehren. „Begehren“ heißt etwas haben zu wollen, worauf man kein Recht hat oder auch einen anderen um das zu beneiden, was er besitzt. Der König David beispielsweise begehrte die Frau seines Offiziers Uria (2. Sam. 11). Und König Ahab begehrte den Weinberg seines Nachbarn Nabot (1.Kön. 21).

Neuntes Gebot.

,,Du sollst nicht begehren deines Nächsten Haus.“

Luther erklärt dazu: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unserm Nächsten nicht mit List nach seinem Erbe oder Hause trachten, noch mit einem Anschein von Recht an uns bringen, sondern ihm dasselbe zu behalten, förderlich und dienlich sein.“ Also auch hier gilt: Gott achtet sogar auf begehrliche und neidische Gedanken des Herzens. Sie gefallen ihm nicht.

Der erste Timotheusbrief macht auf die Gefahr neidischen Denkens aufmerksam: „Wenn wir aber Nahrung und Kleider haben, so wollen wir uns daran genügen lassen. Denn die reich werden wollen *), die fallen in Versuchung und Verstrickung und in viele törichte und schädliche Begierden, welche die Menschen versinken lassen in Verderben und Verdammnis“ (1. Tim. 6,8f.). Solche Menschen sündigen schon, indem sie mehr Begehren, als sie haben. Und wenn sie ihr Begehren zu sättigen versuchen, geht es erst recht nicht ohne weitere Sünde ab. Aber sie werden nie den großen Gewinn erleben, vor Gott glücklich zu sein und sich genügen zu lassen. Wenn sie nicht umkehren und die Vergebung ihrer Sünden im Glauben an den Sünderheiland annehmen, verlieren sie am Ende noch die ewige Seligkeit. Jesus mahnt: ,,Welchen Nutzen hätte ein Mensch, wenn er die ganze Welt gewönne und verlöre sich selbst oder nähme Schaden an sich selbst?“ (Lk. 9, 25).

Zehntes Gebot.

,,Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau, Knecht, Magd, Vieh oder alles, was sein ist.“

Luther erklärt dazu: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir unsers Nächsten Frau, Gehilfen oder Vieh nicht ausspannen, abwerben oder abspenstig machen, sondern dieselben anhalten, dass sie bleiben und tun, was sie schuldig sind.“

Hier geht die Begehrlichkeit noch einen Schritt weiter als im neunten Gebot. Jetzt versucht sie, andere Menschen mit in ihre Sünde hineinzuziehen, die dem Nächsten nahestehen. Oder sie will ihm sein Vieh oder seine Arbeitsmittel entwenden, die er benötigt.

Wir haben uns einen Überblick über die zehn Gebote verschafft. Luthers Erklärungen können uns eine Hilfe sein, um zu verstehen, was im Einzelnen gemeint ist. Jeder Mensch, der ernstnimmt, was Gott in den Geboten von uns verlangt, muss ehrlich bekennen, dass er nicht nach diesen Geboten gelebt hat und lebt. Uns bleibt nur übrig, vor Gott unsere Schuld zu gestehen und -wie der Zöllner im Tempel – zu sprechen: ,,Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (Lk.v18, 13).

Wozu gibt Gott uns die Gebote?

Ehe wir diese Lektion abschließen, wollen wir noch der Frage nachgehen, warum Gott uns die zehn Gebote gegeben hat. Welche Absicht verfolgt er damit? Die meisten Christen haben schnell eine Antwort auf diese Frage parat:

  • „Gott gibt uns Gebote, damit wir Regeln zu einer richtigen Lebensführung haben.“

Das ist nur zum Teil richtig. Es gilt auch:

  • „Gottes Gebote und Verbote sollen die groben Ausbrüche der Sünde eindämmen.“

Schließlich muss noch ein Drittes gesagt werden:

  • „Gottes Gebote sind wie ein Spiegel.“

Sie decken uns unseren verdorbenen, sündlichen Zustand auf. Sie rütteln unser Gewissen wach und machen uns zu schaffen. Auf diese Weise dienen Gottes Gebote einem guten Zweck: Nur, wenn wir unseren von Natur verdorbenen, hilflosen Zustand erkennen, sind wir im Stande, auf die frohe Botschaft von der Gnade Gottes in Christus Jesus zu hören, die uns im Evangelium verkündet wird.

Nichtchristen (aber auch der „alte Mensch“ in uns Christen) können sich Gott in seinem Verhalten nur wie einen Menschen vorstellen. Sie meinen: „Gott wird schon ein Auge zudrücken und diese oder jene Sünde, wenn sie nicht zu schlimm ist, ohne Strafe durchgehen lassen.“ Aber Gott ist heilig und vollkommen gerecht. Jesus sagt in seiner Bergpredigt: ,,Darum sollt ihr vollkommen sein, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Matth. 5, 48). Und im Jakobusbrief (Kapitel 2 Vers 10) lesen wir: ,,Denn wenn jemand das ganze Gesetz hält und sündigt gegen ein einziges Gebot, der ist am ganzen Gesetz schuldig“. In den Augen Gottes ist man entweder ganz heilig oder gar nicht.

Im Römerbrief (Kapitel 6 Vers 23) schreibt Paulus: „Der Sünde Sold (= Lohn) ist der Tod.“ Das gilt für alle Menschen. Jeder muss sterben. Der Tod kann schon vor oder kurz nach der Geburt eines Kindes eintreten. Das ist ein Beweis dafür, dass seit Adams Sündenfall alle Menschen mit der Sünde belastet sind. Auch Säuglingen hängt diese Erbsünde“ an. Selbst der beste Mensch, dessen Leben mit guten Taten ausgefüllt war und von dem seine Mitmenschen sagen: „Er war ein guter Mensch!“ – auch er muss sterben. Im Galaterbrief (Kapitel 3 Vers 10) zitiert der Apostel 3. Mose 27, 26: ,,Verflucht sei jeder, der nicht bleibt bei alledem, was geschrieben steht in dem Buch des Gesetzes, dass er’s tue!“

Blicken wir auf das Gesetz des heiligen, allmächtigen Gottes, dann müssen wir bekennen: Unsere Lage scheint völlig hoffnungslos zu sein. Bedenken wir nur:

  • Gott verlangt vom Menschen, dass er die zehn Gebote restlos und vollkommen hält.
  • Die ewige Verdammnis ist das Los aller, die das Gesetz nicht so erfüllen.
  • Trotz all unserer Bemühungen erfahren wir am eigenen Leib, dass wir unfähig sind, wirklich gute Taten zuwege zu bringen.

Der Prophet Jesaja bekennt mit Recht: „Wir sind alle wie die Unreinen, und alle unsere Gerechtigkeit ist wie ein beflecktes (= schmutziges) Kleid“ (Jes. 64, 5). Und der Apostel Paulus schreibt: ,,Es ist hier kein Unterschied: sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten“ (Röm. 3, 23). Kein Mensch – auch kein Christ – kann die zehn Gebote vollkommen halten!

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*) = d. h., die das haben wollen, was ihnen Gott vorenthält oder nicht dankbar sind für das, was sie haben

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